Wir leben doch im 21. Jahrhundert!

„Es ist doch endlich mal Zeit, dass (x), wir leben schliesslich im 21 Jahrhundert!“ Man setze für x ein, was man wolle. Die Forderung, eine Forderung sei zu erfüllen, weil man gerade im Jahr 2017 lebt und nicht im Jahr 1817, oder, Gott bewahre, vielleicht sogar irgendwann im finstersten Mittelalter, hört man dieser Tage immer wieder. Man stellt sich öfters die Frage, warum denn das Zeitalter in dem wir leben, bei den Entscheidungen die wir treffen, eine so wichtige Rolle spielen soll. Was genau spielt es beispielsweise für eine Rolle, in welchem Jahrhundert wir leben, wenn wir uns entscheiden müssen, was wir uns heute anziehen? Es ist klar, dass wir uns heute keine primitiven Flachshosen anziehen und uns kein Bärenfell über die Schultern werfen, wenn wir bei Minustemperaturen vor die Türe gehen. Gehen wir doch vor die Türe und nicht vor die Höhle. Wir leben schliesslich im 21. Jahrhundert! Heute hat man Gore-Tex Kleider und Funktionsunterwäsche, warm gefütterte Schuhe mit Gummisohlen und dergleichen modernen Annehmlichkeiten mehr, wenn man bei garstigem Wetter raus muss. Die Bekleidung wird also tatsächlich durch das Jahrhundert bestimmt in dem wir leben. Wer will heute noch stinkende Kleider tragen, die auf der Haut kratzen, wenn man bequeme moderne Kleider tragen kann? Wir leben eben im 21. Jahrhundert. Klar. Nun ist aber selbst die Frage, was wir uns heute anziehen, lediglich vom technischen Gesichtspunkt her vom Jahrhundert abhängig, in dem wir leben. Was wir heute aus dem Schrank nehmen, wird eben nicht nur dadurch bestimmt, welche technischen Fortschritte die Bekleidungsindustrie gemacht hat, sondern primär dadurch, was draussen für Temperaturen und Wetter herrschen. Wir werden uns nicht die kurze Hose und ein T-Shirt schnappen, wenn draussen eine kalte Biese die Schneeflocken durch die Luft wirbelt. Ebenso werden wir die lange Unterhose im Schrank lassen, wenn alles draussen unter der Hitze ächzt und die Luft über dem Asphalt schon vor dem Mittag flimmert. Diese Fragen sind völlig unabhängig vom Jahrhundert in dem wir leben. Dass man sich nicht seine wärmste Kleidung anzieht, wenn draussen Temperaturen wie am Äquator herrschen, könnte man als eine ‚ewige Wahrheit‘ bezeichnen.

Das interessante an der Forderung „man muss doch (x), weil wir im 21. Jahrhundert leben“ ist aber, dass sie oftmals gerade eben nicht im Zusammenhang mit technischen Fragen auftaucht, sondern bei sozialen Fragen. In den vergangenen Tagen wurde in den Medien die Frage aufgeworfen, ob es legitim sei, wenn sich diejenigen Mitarbeiter in Callcentern, die ausländisch klingende Namen haben, helvetisch klingende Namen zulegen, damit sie bei der Kundschaft vertrauenswürdiger wirken und mehr verkaufen. Martine Brunschwig Graf, ihres Zeichens Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR), meinte in einem Interview im Blick, das Argument der Absatzförderung durch helvetisierte Namen sei nicht zulässig: „Hat diese Firma nur Schweizer Kunden? Im Ernst: Im 21. Jahrhundert kann das kein Thema mehr sein. Ein vielfältiges Team ist gut für eine Firma. Auch für ihr Image.“[1] Wieso nur soll eine solche Frage im 21. Jahrhundert kein Thema mehr sein? Es geht hier nämlich nicht um eine rein technische Frage: Bärenfell oder Gore Tex-Jacke. Es geht hier darum, dass es eine anthropologische Konstante ist, Leuten gegenüber, die man vielleicht nicht einmal persönlich kennt, die man aber als zur Eigengruppe gehörig wahrnimmt, mehr Vertrauen zu schenken, als Leuten, die zu einer anderen Gruppe gehören. Dass ein solches Verhalten nicht nur sozial anerzogen ist, sondern auch biologische Ursachen hat, legt J. Philip Rushton in seinem Buch Rasse, Evolution und Verhalten dar. Seine Genetische Ähnlichkeits-Theorie zeigt auf, wie der Grad genetischer Ähnlichkeit selbst unsere Partner- oder Freundeswahl beeinflusst.[2] Vertrauen spielt dabei neben anderen Faktoren eine Rolle. Vertrauen spielt auch in Geschäftsbeziehungen eine wichtige Rolle. Wenn die Unternehmen also anhand ihrer Verkaufszahlen feststellen, dass die Kundschaft eher gewillt ist auf ein Geschäft einzusteigen, wenn sie die Leute am Telefon anhand des Namens als zur eigenen Gruppe gehörig betrachtet und sie deshalb mehr Vertrauen zu  ihnen fassen, dann richten sie sich nur nach der Natur des Menschen. Sie nehmen keine Wertung vor, sondern orientieren sich an soziobiologischen Realitäten. Diese lassen sich nicht einfach von der Hand weisen, weil man im 21. Jahrhundert lebt. Brunschwig Graf hingegen meint: „Eine Firma, die eine solche Unterscheidung zulässt, handelt unschweizerisch! […]Die Vielfalt gehört zur Schweizer Identität. Die Bevölkerung und ihre Namen sind vielfältig. Wer entscheidet, was ein typisch schweizerischer Name ist? Eine Firma, die eine solche Klassifizierung vornimmt, bestätigt Vorurteile und Stereotypen.“ Man fragt sich, ob die Präsidentin der EKR überhaupt weiss, was sie da von sich gibt? Da behauptet sie ernsthaft, man könne nicht entscheiden, was ein typisch schweizerischer Name ist, aber sie hat kein Problem damit zu definieren, was typisch schweizerisches Verhalten ist?  Das Denken dieser Frau ist in erster Linie nicht unschweizerisch, sondern vor allem unlogisch. Jedes Kind weiss, dass Namen die bspw. auf –ic enden typisch für gewisse Regionen des Balkans sind und jedes Kind weiss, dass Namen wie Müller und Meier keine usbekischen Nachnamen sind. Nur bei der EKR scheint diese Erkenntnis noch nicht durchgesickert zu sein, obwohl es mit der Onomastik einen ganzen Wissenschaftszweig gibt, der sich mit der Herkunft von Eigennamen beschäftigt. Als „unschweizerisch“ bezeichnet Brunschwig Graf aber jegliche Denkweise, die nicht in ihr linksliberales Gedankenbild passt. „Aber“, so möchte man ihr antworten, „die Vielfalt gehört zur Schweizer Identität. Die Gedankenwelt und die Einstellungen in der Schweiz sind vielfältig. Wer entscheidet, was typisch schweizerisches Verhalten ist?“ Klar, die Antwort ist einfach, Multikultifanatiker und ihre Apologeten entscheiden das. Wenn es um Einstellungen geht, dann möchten die Vielfaltspinsel von der EKR plötzlich wieder mehr Einfalt, mehr Homogenität. Dann ist Schluss mit dem Mantra, Vielfalt sei eine Stärke. Dann wollen die linksliberalen Moralisten plötzlich Gleichschaltung. Dann muss man steuerlich finanzierte Gesinnungswächter einsetzen, die via Boulevard verkünden, wie man zu Denken und Handeln hat, damit man als „schweizerisch“ gilt. Die Schweiz, ein Land auf dem Weg zum Gesinnungsstaat. Wobei man am Rande anfügen muss: wenn niemand mehr entscheiden darf, was denn nun eigentlich typisch schweizerisch ist, nicht einmal bei den Namen, dann existiert eigentlich auch kein Multikulturalismus und keine Vielfalt mehr. Wenn alles irgendwie schweizerisch ist, dann ist sowohl nichts mehr schweizerisch, als auch nichts mehr ausländisch, dann haben wir keine Pluralität an Kultur mehr. Alles ist mit der Walze eingeebnet. Multikultur bedarf ja letztlich immer noch eines „wir“ und „sie“, sonst ist als „mono“ und nicht „multi“. Aber das ist für ein liberales Hirn wohl nicht fassbar.

Das 21. Jahrhundert trägt also rein gar nichts zu Brunschwig Grafs Ansichten bei. Es gibt nichts am 21. Jahrhundert oder der Entwicklung dahin, das ihren Äusserungen irgendwie mehr Wahrheitsgehalt verleihen würde. Das „21. Jahrhundert“ ist nur eine Floskel, die über ihre inkonsistenten Gedankengänge hinwegtäuschen und dem unbedarften Leser suggerieren soll, wenn er nicht gleich denke wie sie, dann falle er irgendwie aus dem Rahmen und sei ein Ewiggestriger der nicht zu den aufgeklärten, intelligenten und progressiven Vorzeigeschweizern gehört.

Ein weiteres Beispiel gefällig?

„Es geht schliesslich um die Frage, ob es weiterhin den einen Menschen erlaubt sein soll, zu entscheiden wie andere ihrer Liebe Ausdruck verleihen dürfen. Denn darum geht es in erster Linie: Um Liebe! Wollen wir es 2017 wirklich noch hinnehmen, das [sic!] Menschen die Eheschliessung untersagt wird, alleine mit der Begründung, sie hätten sich halt ins «falsche» Geschlecht verliebt?“[3]

So tropft es aus der Feder von Florian Wicki, seines Zeichens Volontär beim Blick. Auch hier; was bitte schön hat die Entscheidung, ob Homosexuelle heiraten dürfen, mit dem Jahr 2017 zu tun? Das Durchwinken der „Homoehe“ in Deutschland gibt natürlich auch hiesigen Vertretern dieser Absurdität wieder Aufwind? Allein, dass wir im Jahr 2017 leben, hat nichts damit zu tun, dass es bei der Ehe nicht einfach nur um Liebe geht! Die Ehe ist eine Institution zur Absicherung des Familienlebens. Auch im Jahr 2017 wird die Mehrheit der Kinder von verheirateten Eltern gezeugt. Nun sind Homosexuelle immer noch nicht fähig, zusammen Kinder zu zeugen, selbst wenn auf dem Kalender die Zahl 2017 prangt. Deshalb ist die Ehe für sie unsinnig. Wer jetzt denkt, wir hätten doch im 21. Jahrhundert genug technische Möglichkeiten, damit auch Homosexuelle zu Kindern kommen, der irrt gewaltig. Auch im Jahr 2017 braucht es für die Zeugung eines Kindes immer noch Mann und Frau. Selbst wenn man auf Samenspender, Leihmütter, künstliche Befruchtung und derselben mehr zurückgreift. Man schafft durch die Legalisierung der „Homoehe“ nur Halbweisen oder zumindest Scheidungskinder. Denn das Faktum, dass diese Kinder mindestens temporär, oftmals aber auch konstant, von einem ihrer Erzeuger getrennt aufwachsen, rührt daher, dass in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft das eine Geschlecht und somit der eine Elternteilausgeschlossen wird.  

Es gibt sie eben, diese ‚ewigen Wahrheiten‘. Wir können auch das Jahr 2117 schreiben, der Regen wird immer noch von oben nach unten fallen, im Winter werden wir uns wärmere Kleidung anziehen als im Sommer und Nachwuchs wird durch zwei konträre Geschlechter gezeugt werden. Es spielt dabei keine Rolle, was sich irgendwelche Gesellschaftsingenieure in ihren Studierzimmern ausdenken. Der Unterschied zwischen 2017 und 1917 ist, dass die Menschen im vorigen Jahrhundert noch nicht dieser Homopropaganda ausgesetzt waren. Das ist aber dann auch schon alles. Die „Homoehe“ selbst ist deswegen nicht richtiger, wahrer oder nötiger geworden. Die Zeit ist schlicht kein Argument. Menschen sind zwar beeinflussbar, man kann aber nicht auf Dauer eine Politik betreiben, die den grundlegendsten Verhaltensweisen des Menschen und seinen biologischen Grundlagen nicht gerecht wird und dabei eine gesunde Gesellschaft erhalten, die auch in 200 Jahren noch prosperiert. Zumindest das könnte man im 21. Jahrhundert endlich begriffen haben!

 

[1] https://www.blick.ch/news/politik/martine-brunschwig-graf-zum-schweizer-namen-zwang-im-callcenter-das-ist-entwuerdigend-und-unschweizerisch-id6898670.html

[2] J. Philip Rushton, Rasse Evolution und Verhalten, Eine Theorie der Entwicklungsgeschichte, Graz 2005, S.115 ff.

[3] https://www.blick.ch/news/politik/das-meint-blick-zur-ehe-fuer-alle-unwuerdige-schweizer-bedaechtigkeit-id6928723.html