Wenn ich ein Buch von dem verstorbenen Journalisten Peter Scholl-Latour auf den sozialen Medien teile, so werde ich öfters darauf angesprochen, warum ich Peter Scholl-Latours Bücher lesen, sprich diese Bücher kaufen würde. Er ist ja keiner von uns und überhaupt, er ist ein „Anti-Nazi“! Na und? Auch die sogenannten „Anti-Nazis“ haben interessante und spannende Bücher geschrieben. Auch sind das nicht alles verblendete „Linke und Grüne“. Peter Scholl-Latour hatte mehr zu erzählen und erlebt, als die meisten Menschen auf dieser Welt glauben erlebt zu haben, oder nur davon träumen können. Zudem sind seine Bücher leichtverständlich, spannend geschrieben, selbst für Lesemuffel sind sie, trotz des großen Umfangs, leicht zu lesen und zu verstehen.
Peter Scholl-Latour war einer der großen Weltenkenner und Weltenbummler, die die Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert hervorbrachte. Er bereiste den asiatischen, arabischen und afrikanischen Kontinent sowie Osteuropa, die Vereinigten Staaten und Südamerika wie kein anderer Journalist. Büro-, sprich Schreibstubenarbeit war nicht seine Lieblingsbeschäftigung. Seine Gedanken, Notizen und Tagebucheinträge erledigte er meistens abends vor dem Zubettgehen. Sei es in einem Fünfsterne-Hotel in den USA oder in irgendeiner Pension in Afrika, Asien oder dem Nahen Osten, wobei das Wort Pension sprich Hotel übertrieben ist. Mit eiserner Disziplin wurden die Eindrücke des Tages verarbeitet und schriftlich festgehalten. Daraus sind dann seine unzähligen Bücher, die in die 10 Millionen-Auflage hineingehen, entstanden. Seine Autobiographie, welche leider nur aus einem ersten Teil besteht, schloß er kurz vor seinem Tod ab.
Eine kurze Biographie
Peter Roman Scholl-Latour wurde am 9. März 1924 in Bochum als Peter Scholl geboren. Der Grund, warum er seinen Nachnamen in „Scholl-Latour“ erweiterte, ist bis heute nicht genau geklärt – Latour war der Mädchenname einer seiner Urgroßmütter väterlicherseits, jedoch trugen weder sein Vater noch sein Großvater diesen Doppelnamen.
1936 schickten seine Eltern den katholisch getauften Knaben – Scholl-Latour galt wegen seiner jüdischen Mutter nach jüdischem Glauben als Jude – auf das ehemalige Jesuitenkolleg Sankt Michael im schweizerischen Freiburg. Nachdem den Eltern weitere Geldüberweisungen in die Schweiz untersagt worden waren, musste er das Kolleg 1940 verlassen und nach Deutschland zurückkehren. Auf dem Wilhelm-Gymnasium in Kassel legte Scholl-Latour 1943 die Abiturprüfung ab.
Von 1946 bis 1947/48 war er Soldat im Indochina-Krieg. Ab 1948 studierte er an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und an der Pariser Sorbonne zunächst ein Semester lang Medizin, sodann Philologie und Politikwissenschaft. Dort erwarb er verschiedene Diplome und promovierte im Januar 1954 mit einer Promotion über Rudolf G. Binding. Von 1956 bis 1958 studierte er Arabistik und Islamkunde am Sprachzentrum Bikfaya der Beiruter Université Saint-Joseph und schloß mit der Diplomprüfung ab.
Peter Scholl-Latour arbeitete schon während des Studiums als Reisejournalist für deutsche und französische Zeitungen und Rundfunkanstalten. Sein Volontariat absolvierte er bereits 1948 bei der Saarbrücker Zeitung. In den Jahren 1954 und 1955 war er Sprecher der Regierung Saarlandes, wo er zunächst zum Mitarbeiter und Pressesprecher des Amtes für Europäische und Auswärtige Angelegenheiten in Diensten des Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann berufen wurde.
Während seines Studiums in Beirut berichtete er von dort als Korrespondent und bereiste ab 1959 Afrika und Südostasien. Ab 1960 arbeitete er für den Hörfunk. Bis zu dem Jahr 1963 war er ständiger Afrikakorrespondent der ARD mit Sitz in Léopoldville (heute Kinshasa) und Brazzaville. 1963 wechselte er zu Fernsehen und gründete das vom WDR verantwortete ARD-Studio in Paris, das er bis 1969 leitete. Von 1969 bis 1971 war er als WDR-Fernsehdirektor für das gegründete Westdeutsche Fernsehen (WDF) zuständig.
Peter Scholl-Latour reiste regelmäßig von Paris aus als Sonderkorrespondent nach Vietnam, wo er und sein Kamerateam 1973 von den Vietcong gefangengenommen, jedoch nach einer Woche wieder freigelassen wurden. 1976 reiste er erneut nach Vietnam, 1978 nach Kanada, 1980 nach Kambodscha und 1981 nach China und Afghanistan.
Bereits im Jahr 1978 stand Scholl-Latour durch seine Beziehung zu Sadegh Tabatabai in Kontakt zu Ayatollah Chomeini, der sich damals in Neauphle-le-Château bei Paris im Exil befand. Er war mit einem Filmteam in Teheran und zeigte anschließend Chomeini das Material. Dadurch gehörte er zu den privilegierten Journalisten, die den Revolutionsführer bei seiner Rückkehr in den Iran im Flugzeug begleiteten durfte. – Im Jahr 2011 interviewte er den syrischen Staatspräsidenten Baschar al-Assad.
Von 1985 bis 2007 war Peter Scholl-Latour Mitglied des Beirates der Deutsch-Arabischen Gesellschaft. Nach dem Rücktritt Otto Wiesheus wählte ihn die Mitgliederversammlung am 22. März 2007 Berlin zum Präsidenten. 2014 wurde Peter Scholl-Latour auf dem Frühlingsfest der Deutsch-Arabischen Gesellschaft durch die Laudatio des Linkspartei-Vorsitzenden Gregor Gysi geehrt.
Peter Scholl-Latour, der sowohl die deutsche als auch die französische Staatsbürgerschaft hatte, lebte abwechselnd in seinem Wohnungen in Bad Honnefer Ortsteil Rhöndorf, in Berlin-Charlottenburg, in Paris und in einem Haus in Tourrettes-sur-Loup bei Nizza.
Peter Scholl-Latour verstarb, in seinem 90. Lebensjahr, am 16. August 2014 in Rhöndorf.
Die weltanschauliche Position von Peter Scholl-Latour
Welche politische und weltanschauliche Position vertrat Peter Scholl-Latour? Zweifellos war er ein journalistischer Querdenker, wie man sich es von vielen anderen Journalisten nur wünschen könnte. Zum einen war seine Position sehr weltoffen, davon Zeugen seine Reiseberichte und Erzählungen in den unzähligen Büchern, die er über die Jahrzehnte geschrieben hat. Gleichzeitig schrieb er, nach Interviews 2000 und 2001, regelmäßig für die konservative Zeitung Junge Freiheit. Auch einer Einladung der FPÖ in Österreich kam er nach. Dafür wurde er auch immer wieder von linker Seite und den Mainstream-Journalisten kritisiert.
Auch seine Haltung gegenüber den USA, nach den Anschlägen des 11. September 2001, die mit ihren Kreuzzügen gegen das Böse in den Nahen Osten einfielen, war von scharfer Kritik geprägt und stellte immer wieder die Frage nach dem „Cui bono – wem zum Vorteil?“. In verschiedenen Fernsehsendungen konfrontierte er Politiker und sogenannte „Experten“ mit seinem Wissen, sorgte oft für rote Köpfe und manövrierte sein Gegenüber mit seinen Fragen und Kenntnissen auf ein Abstellgleis,. Auch scherte er sich nicht um konforme Sprach- und Schreibweise. Ein Blick in seine Bücher, vor allem aus den 70er und 80er Jahren, welche Zeugnis davon ablegen, reicht völlig aus.
Seine Offenheit, auch gegenüber konservativem Denken und auch Handeln, zeugt von einem offenen Geist, den Peter Scholl-Latour immer in sich getragen hat. Darum sind seine Bücher eine Art Pflichtlektüre für jeden, der die Welt auch nur ein klein wenig verstehen und begreifen will, warum diese so ist, wie sie ist.
Literaturempfehlungen zu Peter Scholl-Latour:
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Der Tod im Reisfeld
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Mord am großen Fluß
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Weltmacht im Treibsand
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Rußland im Zangengriff
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Zwischen den Fronten
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Die Welt aus den Fugen
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Der Fluch der bösen Tat
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Mein Leben (Autobiographie)