Die Tradition ist eine Wahlentscheidung, ein Flüstern von alten und zukünftigen Zeiten.
Sie enthüllt mir, wer ich bin. Sie erzählt mir, woher ich stamme. Ich stamme aus dem Land des Baums und des Waldes, der Eiche und des Wildschweins, der Rebe und der Schrägdächer, der Epen und der Märchen, der Winter- und der Sommersonnenwende, der blonden Kinder und der hellen Augen, der beharrlichen Taten und der abenteuerlichen Träume, der Eroberungen und der Weisheit. Ich komme aus dem Land, wo man das tut, was man tun muß, aus Achtung vor sich selbst. Deshalb bin ich ein rebellisches Herz, ein Rebell aus Treue.
Wir haben den Komfort, das Wissen und den Überfluß. Doch unsere Städte verdienen diesen Namen nicht mehr, und unsere althergebrachten Vaterländer sind nicht mehr, was sie einmal waren. Das Ausleben, ja: Die Verkultung jeder nur denkbaren Perversität verbietet uns Höflichkeit und Geduld. Das Geld ist zur alleinigen Meßlatte aller Werte geworden. Unter dem Schein der ›Demokratie‹ sind wir nicht frei.
Die Ursachen reichen weit zurück. Doch die Geschichte steht niemals still. Für die Franzosen und Europäer ist die Zeit gekommen, zu erwachen und sich zu befreien. Aber wie? Gewiß nicht durch bloße Flickschusterei an dem, was uns in diese Situation geführt hat. Wenn wir auch keine Religion haben, die uns Halt gibt, so besitzen wir doch seit Homer ein reiches, aber verborgenes Gedächtnis, einen Hort aller Werte, auf die wir unsere künftige Renaissance gründen können.
Vor dem Abgrund, der sich vor unseren Füßen auftut, vor der irren Gefräßigkeit des Finanzsystems sowie der drohenden Gefahr eines Kampfes der Kulturen auf unserem eigenen Boden hat sich das vorliegende ›Brevier‹ zur Aufgabe gemacht, unser Gedächtnis wachzurütteln und uns neue Wege zu eröffnen, anders zu denken, zu leben und zu handeln. Nur so wird ein jeder in der Lage sein, sich in der Treue zu höheren Vorbildern wieder aufzubauen.“
Autor:
Dominique VENNER, Historiker, Schriftsteller, geboren am 16. April 1935 in Paris, Vater von fünf Kindern. Er veröffentlichte nahezu fünfzig Werke und war Herausgeber der in Frankreich hochangesehenen Zeitschrift La Nouvelle Revue d’Histoire, die er 2002 gegründet hatte. Die einmal erkannte Berufung diente ihm als Richtschnur seines Lebens. Wie Benoist-Méchin vor ihm führte ihn die kritische Beobachtung der Gegenwart zum Studium der Geschichte. An seinem 18. Geburtstag meldete er sich in der berühmten Militärschule von Rouffach und anschließend als Freiwilliger für den Algerienkrieg, der für seinen Werdegang höchst bedeutsam wurde. 1966 gründete er die Zeitschrift Europe Action, die maßgeblich für die identitäre Revolution in ganz Europa werden sollte. 1970 stellt er seine politischen Aktivitäten ein, wendet sich der meditativen historischen Betrachtung zu und verfaßt bahnbrechende Werke wie Baltikum (1974), den deutschen Freikorps der Jahre 1919‒1923 gewidmet, Histoire et tradition des Européens. 30 000 ans d’identité (2004), Le Siècle de 1914 (2006), Ernst Jünger. Un autre destin européen (2009) und Le Choc de l’Histoire (2011), das als sein geistiges Vermächtnis gilt, ebenso wie das hier vorliegende Brevier, das die Nacht über Europa erleuchten wird von Reykjavik bis Wladiwostok.
Das Buch ist erhältlich unter:
Thule-Seminar – E-Post: ahnenrad@t-online.de