Im Juli 1393 vereinbarten zur Schaffung einer Kriegsordnung die Städte Zürich, Luzern, Bern und Solothurn, Stadt und Amt Zug sowie die Länder Uri, Schwyz und Unterwalden und die Landleute von Glarus den Sempacherbrief.
Der elf Artikel umfassende Vertrag war eine Reaktion auf die Erfahrungen der Schlacht von Sempach am 9. Juli 1386, bei der, wie es in der Vertragsurkunde heisst, »der Feinde viel entwichen, da das Feld behauptet ward, die alle auf der Walstatt und Umgebung geblieben wären, hätten die Unseren, so dabei waren, ihnen nachgefolgt und nicht geplündert, ehe dass der Streit gänzlich gewonnen zu Ende geführt wurde«.
Die Bestimmungen des Sempacherbriefes bezogen sich jedoch nicht nur auf die Disziplin des einzelnen Kämpfers im Gefecht, sondern sind zugleich Ausdruck des Wunsches nach humanerer Kriegsführung und nach gemeinsamen Handeln.
Der Sempacherbrief umfaßte folgende Bestimmungen:
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Kein Eidgenosse darf den anderen schädigen oder berauben.
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Bei gemeinsamen Kriegszügen soll jeder bei seinem »Panner« bleiben.
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Wer im Gefecht verwundet wird, soll sich zu seinen Leuten begeben und wird dann nicht als flüchtig angesehen.
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Plünderungen sind erst nach Ende des Gefechts und mit Erlaubnis der Hauptleute erlaubt. Geplündertes Gut wird nach Kopfzahl unter der Mannschaft aufgeteilt.
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Klöster, Kirchen oder Kapellen dürfen nicht aufgebrochen werden.
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Frauen und Mädchen dürfen nicht angegriffen werden, es sei denn, sie unterstützen den Feind.
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Keine Stadt und kein Land darf eigenmächtig einen Krieg vom Zaun brechen.
Nicht alle Bestimmungen des Sempacherbriefes waren neu: Schon im Pfaffenbrief vom 7. Oktober 1370 war das eigenmächtige Plündern und Rauben verboten und in den am Bund beteiligten Orten von der Zustimmung der Räte, der Bürgermeister oder Schultheissen der Städte sowie der Ammänner der Länder abhängig gemacht worden.
Die Anerkennung einer gemeinsamen Oberhoheit fiel nicht nur dem einzelnen Krieger, sondern auch den beteiligten Orten sehr schwer. Über die eidgenössische Art zu kämpfen schrieb der Augustinermönch Andreas de Billiis: »Unwiderstehlich ist die Wucht dieses Volkes der Barbaren, was die Herzöge von Österreich erfahren mussten… Es ist ein unbesonnenes Volk, das mit einem eintönigen und schrecklichen Geschrei in den Kampf zieht.«