Die Schlacht bei Sempach

Einleitung

Am 9. Juli des Jahres 1386 schlug das Heer der Eidgenossen das Ritterheer des Herzogs Leopold III. von Österreich, der im Kampf fällt. Die Schlacht bei Sempach sollte der Versuch sein, die verlorene Schlacht vom Morgarten wiedergutzumachen. Damit war der Versuch gescheitert, die frühere Stellung in den habsburgischen Vorlanden (Zürichgau, Aargau und Thurgau) wiederherzustellen. Für die Habsburger waren die Niederlage der Schlacht und der Tod des Herzogs ein herber Verlust.

Herzog Leopold III. und die Habsburger

Mit dem Tode Rudolfs IV. 1365 traten die Ereignisse für die Eidgenossen in ihren entscheidenden Abschnitt. In Rudolf IV. verlor Habsburg einen seiner besten Fürstengestalten. Man hat Rudolf IV. den Schöpfer des österreichischen Staatsbewusstseins genannt. Dem begabten Fürsten gelang es, die politische, soziale und wirtschaftliche Problematik der österreichischen Frührenaissance – und nicht zuletzt die von der Schweiz ausgehenden Einflüsse – zu meistern.

Bis 1379 führten die Brüder des Verstorbenen Rudolf IV., Leopold III. und Albrecht III. die Regierung gemeinsam. Friedrich III. verstarb schon sehr früh. Ihr Verhältnis zu den Eidgenossen wurde dabei immer unerfreulicher. Der kommunale Expansionsdrang der beiden verdarb nunmehr auch die bisher guten Beziehungen zu Bern und Zürich, das sich seit 1365 weigerte, das «Brunche» (Bündnis mit Habsburg) zu erneuern. Ein unerwarteter Einfall französischer Söldnerbanden ins schweizerische Mittelland (1375/76) vertagte die Austragung mit den Eidgenossen nochmals. Das Volk benannte die Söldnerbanden nach ihren Helmformen «die Gugler». Bern, Zürich und Habsburg taten sich zur Abwehr der «Schinder und Scherer», die den Schrecken des hundertjährigen Krieges in die Schweiz brachten, zusammen.

Die Vertreibung der Gugler, ihre Besiegung bei Buttisholz (Luzern) und Fraubrunnen (Bern) war die Kriegsleistung Berns. Österreich versagte und verlor durch seine Untätigkeit sowie durch die planmässige Zerstörung eigener Untertanenländer das Vertrauen. Berns Einfluss auf der anderen Seite wuchs.

Im Jahr 1379 vollzogen die Herzöge eine Länderteilung. Leopold III. übernahm die Steiermark, Kärnten und Krain die windische Mark, die italienischen Gebiete und die Vorlande am Rhein. Mit Venedig und Padua stritt er sich um italienischen Besitz. 1368 erwarb er Freiburg im Breisgau, 1374 Kleinbasel, 1376 die Reichsvogtei über Basel, 1379 die Reichsvogtei in Ober- und Niederschwaben.

Für die Eidgenossen, besonders für Bern, fiel der Erwerb kyburgischer Besitzungen wie Nidau, Büren, Altreu, Wiedlisbach, Bipp und Olten sehr ins Gewicht. Leopold III. wollte damit die Verbindung mit seiner Stadt Freiburg im Üchtland verbessern. Den Bernern gingen diese Erfolge nahe und sie unternahmen mit Leopold III. einen Wettlauf um den Nachlass des bankrotten Grafengeschlechts. Sie brachten 1375 Thun endgültig in ihren Besitz.

Leopold III. blieb, allerdings durch seine italienische Politik abgelenkt, nicht untätig. Er hatte zwischen dem Adel und den rheinischen Städten vermittelt. Gegen Bayern war er einer aus Grafen, Rittern und Städten gebildeten Vereinigung beigetreten. Insgeheim aber traf er wieder mit den bayerischen Herzögen nach einem Waffengang Verabredungen gegen Angriffe der Städte.

Die Schlacht

Herzog Leopold kam in den Aargau und traf die Vorbereitungen zum Krieg gegen die Eidgenossen. In Scharen strömte die Ritterschaft herbei. Ende Juni stieg der Herzog zu Pferd und zog gegen Zofingen und Willisau. Damit Willisau nicht in die Hand der Berner falle, wurde es verbrannt. Am 8. Juli hielt der Herzog Leopold III. seinen Einzug in Sursee mit etwa 5000 Mann. Er gab die letzten Befehle für den Marsch nach Luzern. Johann von Ochsenstein erhielt die Anführung.

Die Eidgenossen erwarteten den Feind in Zürich. Als sie aber den Kriegsplan Leopolds vernahmen, zogen 1400 Mann in Eile über Cham, Gisikon, Eschenbach und Rain nach Hildisrieden. Im «Meierholz-Wald», etwa eine halbe Stunde ob Sembach, stand schon alt Schultheiss Peter von Gundoldingen mit 300 Mann.

Der 9. Juli 1386 war der heisseste Tag des ganzen Jahres. Das herzogliche Heer setzte sich von Sursee aus in Bewegung über Eich und Sempach. Leopold ahnte nicht, dass Gundoldingen so nahe stand. Er wollte Rothenburg wieder erobern und am gleichen Tag Luzern erreichen. Das fröhliche Reiterheer bewegte sich sorglos von Eich gegen Rothenburg, während die heisse Julisonne auf die Harnische niederprallte.

Dem Schultheiss Peter von Gundoldingen war das Herannahen des Feindes nicht entgangen. An der Stelle, wo er sich verschanzt hatte, wünschte er den Kampfplatz. Gundoldingen kniete mit seinen Eidgenossen nieder zum Gebet. Herzog Leopold III. war überrascht, die Eidgenossen hier zu treffen. Freiherr von Hasenburg riet, mit langsamem Gefecht die Eidgenossen hinzuhalten, bis das Heer durch Nachzug verstärkt sei. Der Hauptanführer Johann von Ochsenstein aus Strassburg war für einen sofortigen Angriff.

Die Ritter und Knechte stiegen von den Pferden, schnitten ihre langen Schuhschnäbel ab und indem sie eine undurchdringliche Lanzenwand bildeten, rückten sie eilig den keilförmig aufgestellten Eidgenossen entgegen. Lange war der Kampf unentschieden. Da fiel die blauweisse Fahne der Luzerner ins zerstampfte Gras. Viele Hände griffen nach ihr. Noch heute zeigt sie, blutgetränkt und zerrissen, in welcher Not sie war. Gundoldingen eilte herbei, um sie wieder zu erobern – umsonst, schwer getroffen sank er zusammen und man musste ihn wegtragen. Nicht ein Österreicher starb.

Das Banner war verloren, der Feldherr zu Tode verwundet über 60 Eidgenossen tot und sterbend!

Der erste Angriff wurde taktisch falsch gewählt, die Luzerner führten ihn in Keilformation durch. So zogen sie sich erst in den «Meierholz-Wald» zurück, um zu beraten und die Taktik zu ändern. Sie griffen erneut an, diesmal in Blockformation. Auch jetzt bekundeten die Eidgenossen grosse Mühe, die mit Rüstungen geschützten Habsburger zu schlagen.

Erst ein Flankenangriff, der Nidwaldner, der eine Bresche in die Phalanx der Ritter schlägt, verschaffte Entlastung. Im folgenden Nahkampf gelingt es den Eidgenossen, die Oberhand über das Kampfgeschehen zu gewinnen. Im tobenden Kampf können die Eidgenossen ihre blauweisse Fahne zurückerobern und sogar das Banner von Tirol. Durch ihre schweren Rüstungen unbeweglich und von der Mittagshitze erschöpft, treten die Ritter den Rückzug an, der sich bald zu einer wilden Flucht entwickelt. Leopold bemerkte die missliche Lage seines Heeres, aber noch stand der Kern seiner Truppen wie eine Eisenmauer. Leopold selber war vom Pferd gestiegen. Man riet ihm, sich zurückzuziehen. Ritterlich wollte er das Schicksal mit den Seinen teilen. Mit seiner zweiten Abteilung fällt auch Herzog Leopold III. An der Stelle, wo heute der Altar der Schlachtkapelle steht, sank er mit vielen Wunden bedeckt in den Arm eines Ritters und glitt zu Boden. Herzog Leopold III. starb in der Blüte seines Lebens im 35. Lebensjahr.

Schon am folgenden Tag kamen Freunde und Diener, um diejenigen, die sie beweinten, abzuholen. Herzog Leopold und 27 andere Männer aus dem hohen Adel wurden in Königsfeld begraben. Die Eidgenossen blieben noch drei Tage auf dem Schlachtfeld. Freund und Feind wurden gemeinsam begraben. Nachher zogen die Sieger mit Beute beladen und mit 18 eroberten Bannern in Luzern ein.

Die Schlacht kostete 1800 Österreichern, darunter 700 Ritter, das Leben. Die Eidgenossen verloren rund 200 Mann, unter ihnen der Urner Landamann Konrad von Frauen und der Luzerner Altschultheiss Peter von Gundoldingen. Auf dem Schlachtfeld errichtete man eine Kapelle und schon 1387, am Jahrestag der Schlacht, feierte man erstmals das Andenken jener Männer, die der Eidgenossenschaft die Unabhängigkeit erstritten hatten.

Arnold von Winkelried

Während der Schlacht von Sempach, in einer für die Eidgenossen kritischen Phase, soll der aus Unterwalden stammende Arnold von Winkelried sich in die Spiesse der Österreicher geworfen und im Fallen seine Feinde mit zu Boden gerissen haben. Der Name des Helden von Sempach erscheint zuerst in einem Lied, dessen älteste erhaltene Abschrift aus dem Jahr 1531 stammt und dass ein Halbsuter aus Luzern verfasst haben soll. Es ist allerding denkbar, dass einzelne Teile des Liedes schon unmittelbar nach der Schlacht von Sempach entstanden sind.

Über die Opfertat Winkelrieds erzählt das Lied Folgendes:

«Des adels heer was feste, ir Ordnung dick und breit, Verdross die formen geste. Ein Winkelried, der seit: He, wend ir’s gniessen an Min arme kind und frouwen, so will ich ein frevel b’stand. Trüwen, lieben Eidgnossen, min leben verlür ich mit; Si hand ir ordnung bschlossen, wir mögend’s in brechen nit: He, ich will ein inbruch han, Des wellind ir min geschlechte in ewigkeit geniessen lan Hiemit do tet er fassen ein arm voll spiessen b’hend, den sinen macht er ein gassen, sin Leben hat ein end. He, er hat eins löuwen muot, Sin tapfer, manlich sterben was den vier waldstetten guot.»

Quelle: Autorenkollektiv, Chronik der Schweiz, Seite 171, Zürich 1987, Ex Libris Verlag

 

Quellen und Literaturangaben:

– Autorenkollektiv, Chronik der Schweiz, Zürich 1987, Ex Libris Verlag

– Prof. Dr. Arthur Mojonnier, 650 Jahre Schweizerische Eidgenossenschaft, Zürich 1941, Verkehrsverlag AG

– Obligatorisches Lehrmittel für die oberen Klassen der Primarschulen, Bilder aus der Geschichte unseres Vaterlandes, Luzern 1952, Kantonaler Lehrmittelverlag Luzern